Sei getrost

Geburtstagskalender Telefonseelsorge

Sei getrost, liebes Schwesterchen
Fotos von Menschen in Kirchenräumen und Märchentexte

Zum 20jährigen Bestehen der Ökumenischen TelefonSeelsorge in Mecklenburg und Vorpommern entstand ein Geburtstagskalender mit Fotografien von Menschen in kirchlichen Räumen, denen Textauszüge aus „Grimms Märchen“ hinzugesellt wurden.

Bei der Kombination von Fotografien und Texten ging es uns darum, Seelenbilder zu zeichnen, die weit über den konkreten Kontext beider Grundbestandteile hinausgehen. Wir wollten Räume öffnen, in denen Bilder und Geschichten exemplarisch für etwas stehen können, was in menschlichem Leben geschieht. Auf diese Weise möchten wir Annäherung geben an das, was den Mitarbeitenden der TelefonSeelsorge im Gespräch mit in Krisen geratenen Menschen begegnet: eine große Palette von Gefühlen, Zuständen und biografischen Ereignissen.

Am Beispiel des Monats April soll hier die Herangehensweise unserer Arbeit an diesem Kalender erklärt sein.
Eine Frau mittleren Alters weist, während sie mit der rechten ihre Querflöte schultert, mit der linken Hand geradeaus. Es liegt etwas wie eine zärtliche Bestimmtheit in dieser Geste. Wir alle haben es manchmal nötig, dass uns jemand einen Weg zeigt. – Dass ich jemandem vertrauen kann, der sich nicht aufdrängt, sondern in sich ruht und mit klugem Blick für das, was Not tut ein Angebot macht, darauf bin ich immer wieder angewiesen. Das Bild zeigt eine Frau, die schön ist und beherzt, die gelassen die Spuren ihres Alters zeigt und die in dem zu Hause ist, was sie tut. Das alles ermöglicht dem Betrachter vielleicht das Gefühl, sich hineingeben zu können in die Richtung, in die sie weist.

Wir haben dazu eine Sequenz aus dem Märchen „Dornröschen“ gesetzt. Es ist die Stelle, die den Auftritt der Feen, insbesondere der 13. Fee beschreibt. – Als gerade alles so glücklich und ungefährdet scheint, bricht sich der Tod Bahn. Er war ja schon da, aber es war kein Platz für ihn am Tisch. Mit der 13. Fee war auch er ausgeladen. Aber das funktioniert nicht. Auf einmal zeigt sich der Tod in aller Schrecklichkeit und die ganze Festgesellschaft ist wie erstarrt. In dieser Situation nun meldet sich plötzlich das Leben. Die 12. Fee, deren Wunsch noch offen ist. Das reife, kluge Leben, das den Tod nicht zurücknimmt, nicht ausklammert, sondern ihn integriert und weiß, dass er nicht das letzte Ende ist, betritt die Bühne. – Für uns verkörpert die Frau auf dem Foto diese 12. Fee, die den erlösenden Satz sagt: „es soll aber kein Tod sein…“ und in eine Richtung weist, in die niemand vorher geschaut hat. Erlösende Sätze kann man sich nicht gut selbst sagen. Dazu braucht es mitunter eine Fee.

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